„Unsere Demokratie
ist stark und wehrhaft“
Sven Lehmann, geboren in Troisdorf, ist Bundestagsabgeordneter für den Kölner Südwesten und seit knapp 25 Jahren Mitglied bei den Grünen. Er beschreibt sich als Weltverbesserer, als Idealist und Feminist. Gleichberechtigung, Weltoffenheit und Würde für jeden Menschen sind seine Herzensangelegenheit, weshalb er besonders in den Bereichen Sozialpolitik, Queerpolitik sowie Kinder- und Familienpolitik engagiert ist.
Herr Lehmann, im letzten Dezember hat das Bundeskabinett den Gesetzentwurf für das Demokratiefördergesetz beschlossen, das sich viele Engagierte schon lange wünschen. Wie groß war Ihre Freude – und warum?
Ich war sehr froh, als der Gesetzentwurf beschlossen wurde. Denn der Kabinettsbeschluss ist ein wichtiger Schritt im Gesetzgebungsverfahren gewesen. Dem Beschluss waren intensive Ressortabstimmungen vorausgegangen, und ich finde, wir haben ein gutes Ergebnis erzielt.
Wird es das Gesetz durch den Bundestag schaffen?
Das Gesetz befindet sich jetzt im parlamentarischen Verfahren und wird innerhalb der Koalition verhandelt. Es ist im Koalitionsvertrag verabredet und muss kommen. Ich bin zuversichtlich, dass die Verhandlungen produktiv verlaufen und zu einem guten Ergebnis führen, auch wenn wir sicherlich noch einige Debatten vor uns haben.
Warum ist das Demokratiefördergesetz so wichtig? Was genau sind seine Ziele?
Das Engagement von zivilgesellschaftlichen Organisationen ist unerlässlich für unsere Demokratie. Deswegen fördern wir schon heute solches Engagement, beispielsweise mit dem Programm „Demokratie leben!“. Angesichts der deutlich gewachsenen gesellschaftlichen Herausforderungen ist eine kontinuierliche und planbare Arbeit dabei wichtig. Mit dem Demokratiefördergesetz werden wir den zivilgesellschaftlichen Organisationen, die sich für die Demokratie und ein gutes Miteinander in Vielfalt einsetzen, deshalb den Rücken stärken. Das Gesetz stellt die Demokratieförderung, Vielfaltgestaltung, Extremismusprävention und politische Bildung erstmals auf eine gesetzliche Grundlage, wodurch sich der Bund ausdrücklich verpflichtet, in diesen Bereichen aktiv zu sein. Eine wichtige Neuerung ist auch, dass die Förderung nach dem Gesetz langfristiger, breiter und bedarfsorientierter erfolgt.
Welche Bedeutung hat bürgerschaftliches Engagement, wenn es um die Sicherung und Förderung der Demokratie geht? Ist das nicht die Aufgabe staatlicher Strukturen und Organisationen?
Unsere Demokratie zu verteidigen und zu fördern, ist unser aller Aufgabe. Diskriminierende Strukturen und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit – wie Rassismus, Antisemitismus, Queerfeindlichkeit, Frauenfeindlichkeit, Behindertenfeindlichkeit – betreffen nicht nur Einzelne. Sie greifen unsere demokratisch verfasste, offene und vielfältige Gesellschaft als Ganzes an. Diese Phänomene nehmen insbesondere durch den erstarkten Rechtspopulismus und Rechtsextremismus zu. Dagegen vorzugehen ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, und zivilgesellschaftliche Organisationen sind dabei von besonderer Bedeutung. Der Staat allein kann diese Aufgabe nicht stemmen, aber er kann unterstützen. Und genau darum geht es beim Demokratiefördergesetz.
Sehen Sie die demokratische Grundordnung in Deutschland in Gefahr? Wo und wie zeigt sich diese Bedrohung am deutlichsten?
Unsere Demokratie ist stark und wehrhaft. Aber wir müssen wachsam bleiben. In anderen Staaten, beispielsweise in Polen, Ungarn, Brasilien, Israel und den USA können wir beobachten, wie rechtspopulistische Parteien Wahlen gewonnen haben und dann als Regierung versuchen, den Rechtsstaat abzubauen. Keine Demokratie ist vor solch „demokratischer Selbstzerstörung“ sicher. Auch in Deutschland haben wir zunehmende Erosionstendenzen. Die Erfahrung zeigt aber auch: Eine stabile, breite und demokratische Zivilgesellschaft kann sich solchen Tendenzen
entgegenstellen.
Was können Einzelne tun, um die Demokratie stark und lebendig zu halten?
Es gibt so viel, was man tun kann. Man kann sich in Organisationen engagieren, die sich für Vielfalt und gegen Diskriminierung einsetzen. Man kann sich politisch auf unterschiedliche Weise einbringen: Sei es bei Diskussionen mit Freund:innen und Verwandten, im Job oder online mit Fremden, sei es auf Demos, in Parteien und Verbänden. Aber auch das freiwillige Engagement, das auf den ersten Blick gar nicht politisch ist, beispielsweise beim Sportverein, ist förderlich. All dies gehört zu einer lebendigen Demokratie.
Welche Rolle spielen Organisationen wie die Kölner Freiwilligen Agentur in diesem Zusammenhang? Über 400.000 Menschen engagieren sich in Köln in ihrer Freizeit. Doch nicht alle Menschen, die sich engagieren wollen, wissen auch, wo dies möglich ist. Hier kommt der Kölner Freiwilligen Agentur eine wichtige Rolle zu. Sie führt Freiwillige mit Einrichtungen, die Freiwillige einsetzen wollen, zusammen und stärkt damit das ehrenamtliche Engagement in unserer Stadt.
Können Sie Beispiele von besonders gelungenen Projekten der Demokratieförderung nennen, bei denen ehrenamtliches Engagement eine wichtige Rolle spielt – vielleicht sogar aus Köln?
In Köln gibt es eine Vielzahl an unglaublich tollen Projekten, die sich Tag für Tag für unsere demokratische Gesellschaft einsetzen. Um nur ein Beispiel zu nennen: Der Verein 180 Grad Wende e. V. schafft es mit niederschwelligen Angeboten und einem Netzwerk aus engagierten Schlüsselpersonen aus Zivilgesellschaft und Institutionen junge Menschen dort zu erreichen, wo sie sind und so Orientierungslosigkeit und Kriminalität präventiv entgegenzuwirken. Davon konnte ich mich bei einem Besuch persönlich überzeugen. Ich lege großen Wert darauf, politische Vorhaben wie das Demokratiefördergesetz mit den Menschen zu diskutieren, die seit vielen Jahren diese wichtige Arbeit vor Ort leisten.
Welche Perspektiven sehen Sie für bürgerschaftliches Engagement? Reicht der Einsatz aus? Brauchen Engagierte mehr Unterstützung, auch von staatlicher Seite? Und wie könnte sie aussehen? Bürgerschaftliches Engagement in seiner Vielfältigkeit ist ein zentrales Element der Demokratie. Es entspricht der demokratischen Grundidee, die Gesellschaft freiwillig und in Gemeinschaft durch Engagement mitzugestalten. Und im Engagement wird täglich Demokratie praktiziert, weil sich die Menschen hier selbst organisieren. Mit der Engagementstrategie des Bundes wollen wir dieses Engagement deshalb besser unterstützen. Zur genauen Ausgestaltung läuft gerade ein Beteiligungsprozess mit der Zivilgesellschaft.
Haben Sie eigentlich selbst Erfahrung als Ehrenamtler? Wenn ja, was hat der Einsatz Ihnen persönlich gebracht? Können Sie ein freiwilliges Engagement empfehlen?
Ich habe mich schon immer engagiert, als junger Mensch zum Beispiel in der katholischen Jugendarbeit oder in der Schule, später dann in der politischen Jugendverbandsarbeit. Letztlich waren das Schlüsselerlebnisse für Selbstwirksamkeit, für Einsatz für andere und für demokratisches Miteinander. Seit einiger Zeit bin ich Mitglied im Kuratorium der Stiftung Lesen, die sich für die Lesekompetenz und Zugänge zum Lesen für alle Alters- und Bevölkerungsgruppen stark macht. Für mich ist es gewissermaßen zur Tradition geworden, am bundesweiten Vorlesetag eine Schulklasse in meinem Wahlkreis zu besuchen und ihnen vorzulesen. Ich selbst habe mich immer riesig gefreut, wenn mir als Kind vorgelesen wurde und sehr viel dabei gelernt. Davon heute etwas zurückgeben zu können, ist mir sehr wichtig.
„Unsere Demokratie
ist stark und wehrhaft“
Sven Lehmann, geboren in Troisdorf, ist Bundestagsabgeordneter für den Kölner Südwesten und seit knapp 25 Jahren Mitglied bei den Grünen. Er beschreibt sich als Weltverbesserer, als Idealist und Feminist. Gleichberechtigung, Weltoffenheit und Würde für jeden Menschen sind seine Herzensangelegenheit, weshalb er besonders in den Bereichen Sozialpolitik, Queerpolitik sowie Kinder- und Familienpolitik engagiert ist.
Herr Lehmann, im letzten Dezember hat das Bundeskabinett den Gesetzentwurf für das Demokratiefördergesetz beschlossen, das sich viele Engagierte schon lange wünschen. Wie groß war Ihre Freude – und warum?
Ich war sehr froh, als der Gesetzentwurf beschlossen wurde. Denn der Kabinettsbeschluss ist ein wichtiger Schritt im Gesetzgebungsverfahren gewesen. Dem Beschluss waren intensive Ressortabstimmungen vorausgegangen, und ich finde, wir haben ein gutes Ergebnis erzielt.
Wird es das Gesetz durch den Bundestag schaffen?
Das Gesetz befindet sich jetzt im parlamentarischen Verfahren und wird innerhalb der Koalition verhandelt. Es ist im Koalitionsvertrag verabredet und muss kommen. Ich bin zuversichtlich, dass die Verhandlungen produktiv verlaufen und zu einem guten Ergebnis führen, auch wenn wir sicherlich noch einige Debatten vor uns haben.
Warum ist das Demokratiefördergesetz so wichtig? Was genau sind seine Ziele?
Das Engagement von zivilgesellschaftlichen Organisationen ist unerlässlich für unsere Demokratie. Deswegen fördern wir schon heute solches Engagement, beispielsweise mit dem Programm „Demokratie leben!“. Angesichts der deutlich gewachsenen gesellschaftlichen Herausforderungen ist eine kontinuierliche und planbare Arbeit dabei wichtig. Mit dem Demokratiefördergesetz werden wir den zivilgesellschaftlichen Organisationen, die sich für die Demokratie und ein gutes Miteinander in Vielfalt einsetzen, deshalb den Rücken stärken. Das Gesetz stellt die Demokratieförderung, Vielfaltgestaltung, Extremismusprävention und politische Bildung erstmals auf eine gesetzliche Grundlage, wodurch sich der Bund ausdrücklich verpflichtet, in diesen Bereichen aktiv zu sein. Eine wichtige Neuerung ist auch, dass die Förderung nach dem Gesetz langfristiger, breiter und bedarfsorientierter erfolgt.
Welche Bedeutung hat bürgerschaftliches Engagement, wenn es um die Sicherung und Förderung der Demokratie geht? Ist das nicht die Aufgabe staatlicher Strukturen und Organisationen?
Unsere Demokratie zu verteidigen und zu fördern, ist unser aller Aufgabe. Diskriminierende Strukturen und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit – wie Rassismus, Antisemitismus, Queerfeindlichkeit, Frauenfeindlichkeit, Behindertenfeindlichkeit – betreffen nicht nur Einzelne. Sie greifen unsere demokratisch verfasste, offene und vielfältige Gesellschaft als Ganzes an. Diese Phänomene nehmen insbesondere durch den erstarkten Rechtspopulismus und Rechtsextremismus zu. Dagegen vorzugehen ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, und zivilgesellschaftliche Organisationen sind dabei von besonderer Bedeutung. Der Staat allein kann diese Aufgabe nicht stemmen, aber er kann unterstützen. Und genau darum geht es beim Demokratiefördergesetz.
Sehen Sie die demokratische Grundordnung in Deutschland in Gefahr? Wo und wie zeigt sich diese Bedrohung am deutlichsten?
Unsere Demokratie ist stark und wehrhaft. Aber wir müssen wachsam bleiben. In anderen Staaten, beispielsweise in Polen, Ungarn, Brasilien, Israel und den USA können wir beobachten, wie rechtspopulistische Parteien Wahlen gewonnen haben und dann als Regierung versuchen, den Rechtsstaat abzubauen. Keine Demokratie ist vor solch „demokratischer Selbstzerstörung“ sicher. Auch in Deutschland haben wir zunehmende Erosionstendenzen. Die Erfahrung zeigt aber auch: Eine stabile, breite und demokratische Zivilgesellschaft kann sich solchen Tendenzen
entgegenstellen.
Was können Einzelne tun, um die Demokratie stark und lebendig zu halten?
Es gibt so viel, was man tun kann. Man kann sich in Organisationen engagieren, die sich für Vielfalt und gegen Diskriminierung einsetzen. Man kann sich politisch auf unterschiedliche Weise einbringen: Sei es bei Diskussionen mit Freund:innen und Verwandten, im Job oder online mit Fremden, sei es auf Demos, in Parteien und Verbänden. Aber auch das freiwillige Engagement, das auf den ersten Blick gar nicht politisch ist, beispielsweise beim Sportverein, ist förderlich. All dies gehört zu einer lebendigen Demokratie.
Welche Rolle spielen Organisationen wie die Kölner Freiwilligen Agentur in diesem Zusammenhang? Über 400.000 Menschen engagieren sich in Köln in ihrer Freizeit. Doch nicht alle Menschen, die sich engagieren wollen, wissen auch, wo dies möglich ist. Hier kommt der Kölner Freiwilligen Agentur eine wichtige Rolle zu. Sie führt Freiwillige mit Einrichtungen, die Freiwillige einsetzen wollen, zusammen und stärkt damit das ehrenamtliche Engagement in unserer Stadt.
Können Sie Beispiele von besonders gelungenen Projekten der Demokratieförderung nennen, bei denen ehrenamtliches Engagement eine wichtige Rolle spielt – vielleicht sogar aus Köln?
In Köln gibt es eine Vielzahl an unglaublich tollen Projekten, die sich Tag für Tag für unsere demokratische Gesellschaft einsetzen. Um nur ein Beispiel zu nennen: Der Verein 180 Grad Wende e. V. schafft es mit niederschwelligen Angeboten und einem Netzwerk aus engagierten Schlüsselpersonen aus Zivilgesellschaft und Institutionen junge Menschen dort zu erreichen, wo sie sind und so Orientierungslosigkeit und Kriminalität präventiv entgegenzuwirken. Davon konnte ich mich bei einem Besuch persönlich überzeugen. Ich lege großen Wert darauf, politische Vorhaben wie das Demokratiefördergesetz mit den Menschen zu diskutieren, die seit vielen Jahren diese wichtige Arbeit vor Ort leisten.
Welche Perspektiven sehen Sie für bürgerschaftliches Engagement? Reicht der Einsatz aus? Brauchen Engagierte mehr Unterstützung, auch von staatlicher Seite? Und wie könnte sie aussehen? Bürgerschaftliches Engagement in seiner Vielfältigkeit ist ein zentrales Element der Demokratie. Es entspricht der demokratischen Grundidee, die Gesellschaft freiwillig und in Gemeinschaft durch Engagement mitzugestalten. Und im Engagement wird täglich Demokratie praktiziert, weil sich die Menschen hier selbst organisieren. Mit der Engagementstrategie des Bundes wollen wir dieses Engagement deshalb besser unterstützen. Zur genauen Ausgestaltung läuft gerade ein Beteiligungsprozess mit der Zivilgesellschaft.
Haben Sie eigentlich selbst Erfahrung als Ehrenamtler? Wenn ja, was hat der Einsatz Ihnen persönlich gebracht? Können Sie ein freiwilliges Engagement empfehlen?
Ich habe mich schon immer engagiert, als junger Mensch zum Beispiel in der katholischen Jugendarbeit oder in der Schule, später dann in der politischen Jugendverbandsarbeit. Letztlich waren das Schlüsselerlebnisse für Selbstwirksamkeit, für Einsatz für andere und für demokratisches Miteinander. Seit einiger Zeit bin ich Mitglied im Kuratorium der Stiftung Lesen, die sich für die Lesekompetenz und Zugänge zum Lesen für alle Alters- und Bevölkerungsgruppen stark macht. Für mich ist es gewissermaßen zur Tradition geworden, am bundesweiten Vorlesetag eine Schulklasse in meinem Wahlkreis zu besuchen und ihnen vorzulesen. Ich selbst habe mich immer riesig gefreut, wenn mir als Kind vorgelesen wurde und sehr viel dabei gelernt. Davon heute etwas zurückgeben zu können, ist mir sehr wichtig.