Dr. Hans Henrici, Mitgründer der Kölner Freiwilligen Agentur, erzählt im Interview von den Anfängen der Organisation sowie Erfolgen und Herausforderungen der letzten 25 Jahre. Und er verrät, warum die Agentur beinahe „Pingpong“ geheißen hätte ...
„Wir haben viel bewegt“
Herr Dr. Henrici, Sie haben die Kölner Freiwilligen Agentur mit gegründet und sind seit 25 Jahren aktiv dabei. Wie kam es dazu?
Die Gesellschaft hat es mit mir sehr gut gemeint. Ich war Notar, habe gut verdient und wollte etwas zurückgeben. Ursprünglich hatte ich die Idee, die Stelle eines ehrenamtlichen Baumeisters für Köln zu schaffen. Luigi Snozzi hatte bereits zugesagt. Aber der Arbeitsaufwand war neben meinem Beruf dann doch zu groß. Also habe ich nach anderen Möglichkeiten gesucht, mich zu engagieren.
Und die haben Sie auch gefunden…
Ja, es kam dann eins zum anderen. Vor allem habe ich Menschen kennengelernt, die zwar ganz unterschiedlich waren, aber in puncto Engagement ähnlich dachten wie ich. Wir haben uns dann erstmal zu einer losen Gruppe zusammengeschlossen, um auszuloten, ob wir zusammenpassen und gemeinsam etwas auf die Beine stellen können.
Wer gehörte zu diesem Kreis?
Ursprünglich waren es 14 Personen. Das waren Friedensbewegte, sozial Engagierte, politisch Grüne und Rote, Journalisten und Kommunitaristen, ein Jurist, ein Hotelier, ein Installateur und natürlich ein Pfarrer – in Köln braucht man ja schließlich auch den kirchlichen Segen. Für mich war das sehr spannend und bereichernd, denn ich habe Menschen und Positionen kennengelernt, mit denen ich in meinem „normalen“ Umfeld vorher nie zu tun gehabt hatte. Ein Jahr lang haben wir uns einmal pro Woche getroffen, diskutiert und Konzepte erarbeitet. Meine Frau hat das damals kritisch gesehen. „Ihr seid eine reine Quasselbude, nun legt doch endlich mal los“, meinte sie. Aber das Jahr war wichtig, um die verschiedenen Vorstellungen unter einen Hut zu bringen. Bei unseren Treffen haben wir auch häufig und gerne gelacht.
Wie ging es dann mit der praktischen Arbeit los?
Erst mal ging es darum, uns bekannt zu machen. Wir haben Interviews in den lokalen Medien gegeben und uns prominente Unterstützer gesucht. Der damalige Oberbürgermeister Norbert Burger hatte die Schirmherrschaft übernommen, war aber skeptisch: „In zwei, drei Jahren seid ihr weg vom Fenster“, sagte er. Diese Erfahrung hatte er wohl mit vielen Organisationen gemacht, die engagiert an den Start gegangen waren, aber dann nicht durchgehalten haben. Tja, bei uns ist das anders gelaufen.
Sind Sie eigentlich gleich als „Kölner Freiwilligen Agentur“ an den Start gegangen?
Ja, aber die Namensfindung war eine schwere Geburt. Wir haben unter anderem Inserate aufgegeben und um Vorschläge gebeten. Da kamen sehr witzige Ideen zusammen: Himmel un Ääd, Loss jonn, Dunn jet, Köbes – Kölner Bürger engagieren sich – und sogar Pingpong. Darüber haben wir mehrere Tage gegrübelt und diskutiert. Irgendwann sagte dann unser Pfarrer: „Also, ich melde mich beim Telefondienst nicht mit Pingpong!“ Damit war der Vorschlag vom Tisch, und wir haben uns schließlich für den schlichten Namen entschieden, in dem auch gleich drinsteckt, was wir machen.
Wie sah das Angebot vor 25 Jahren aus?
Am Anfang haben wir uns ausschließlich auf die Vermittlung von Freiwilligen in ein passendes Ehrenamt in Köln konzentriert. Wer gesellschaftlich etwas machen wollte, kam zu uns, wurde ausführlich beraten und dann vermittelt. Das ist ja heute noch eine unserer Kerntätigkeiten. Sehr schnell haben wir auch angefangen, Jugendlichen einen Freiwilligendienst in Partnerstädten von Köln wie beispielsweise Barcelona, Istanbul oder Peking zu vermitteln. Im Laufe der Jahre haben wir unser Angebot dann immer weiter ausgebaut.
Wie konnten Sie das alles finanzieren?
Die Finanzierung war von Anfang an ein Problem und ist das über weite Teile unserer 25-jährigen Geschichte auch geblieben. Relativ schnell haben wir einen Sockelbetrag von der Stadt Köln bekommen; das war eine wichtige Starthilfe. Ansonsten waren kreative Ideen gefragt. Sehr erfolgreich war zum Beispiel unsere Aktion „Köbes“: Dabei haben wir Prominente dazu gebracht, einen Abend lang umsonst in Kölner Restaurants zu kellnern. Das hat natürlich viele Gäste angezogen – und wir haben 30 Prozent des Umsatzes bekommen. Gescheitert ist leider unsere Idee, mit einer Reibekuchenbude auf dem Neumarkt Geld für Projekte zu verdienen.
Als Organisation sind Sie Teil der Wohlfahrtsstrukturen in der Stadt. Wie konnten Sie sich da etablieren?
Ich würde sagen, da haben wir uns jeweils mit einem kleinen Paukenschlag eingeführt. Bei unserem ersten Treffen mit der Liga, einem Zusammenschluss der Kölner Wohlfahrtsverbände, haben wir den erfahrenen Vertretern der anderen Organisationen ganz selbstbewusst erklärt, was sie alles falsch machen. Im Rückblick ziemlich arrogant, aber zum Glück fanden die anderen es eher amüsant – und jeder kannte uns nach diesem Auftritt. Ähnlich lief es bei unserer ersten Teilnahme an einem bagfa-Treffen. Die bagfa ist der Dachverband der Freiwilligenagenturen in Deutschland. Da haben wir auf die Frage, wie viele Mitarbeitende wir denn hätten, mit 14 geantwortet. Alle staunten: Die Kölner sind gerade gestartet und schon die größte Freiwilligenagentur in Deutschland! Dass es um hauptamtliche Mitarbeiter ging, haben wir erst später verstanden. Denn wir waren in guter Kölscher Manier zu spät gekommen und hatten auch nicht genau hingehört. Nicht einen hauptamtlichen Mitarbeiter hatten wir!
Apropos Strukturen: Wie sehen die bei der Kölner Freiwilligen Agentur aus? Sind Sie zum Beispiel der Vorsitzende?
Um Gottes willen, nein, wir haben nie einen Vorsitzenden gehabt, sondern uns immer alle als gleichwertig betrachtet. Allerdings hatten und haben wir eine geheime Vorsitzende: unsere Geschäftsführerin Ulla Eberhard. Ohne sie wären wir nie so erfolgreich gewesen. Sie hat mit ihrem Engagement, ihrer Durchsetzungskraft, ihrer unglaublichen Arbeitsleistung und ihrem Einfühlungsvermögen maßgeblich dazu beigetragen, dass wir heute da sind, wo wir sind.
Wie blicken Sie nach 25 Jahren auf die Arbeit der Kölner Freiwilligen Agentur? Hat sie Köln besser gemacht?
Davon bin ich absolut überzeugt! Das zeigt schon ein Blick auf nur einige unserer Projekte. Mit DUO unterstützen wir Demenzerkrankte und deren Angehörige. Vor 25 Jahren standen diese Menschen noch sehr häufig allein. Die LeseWelten haben die Bildungschancen von Kindern in der Stadt erheblich verbessert. Das belegt unter anderem eine Studie, die wir zusammen mit der Universität Köln erarbeitet haben. Danach stiften eingesetzte 1.000 Euro im Laufe der Zeit einen gesellschaftlichen Nutzen von circa 10.000 Euro. Unsere Gesellschaft kommt ohne freiwillig Engagierte nicht mehr aus. Denken Sie allein an die Unterstützung und Integration von Geflüchteten. Die Kölner Freiwilligen Agentur und Freiwillige insgesamt und überall sind wichtig – und sie haben viel bewegt.
„Wir haben viel bewegt“
Dr. Hans Henrici, Mitgründer der Kölner Freiwilligen Agentur, erzählt im Interview von den Anfängen der Organisation sowie Erfolgen und Herausforderungen der letzten 25 Jahre. Und er verrät, warum die Agentur beinahe „Pingpong“ geheißen hätte ...
Herr Dr. Henrici, Sie haben die Kölner Freiwilligen Agentur mit gegründet und sind seit 25 Jahren aktiv dabei. Wie kam es dazu?
Die Gesellschaft hat es mit mir sehr gut gemeint. Ich war Notar, habe gut verdient und wollte etwas zurückgeben. Ursprünglich hatte ich die Idee, die Stelle eines ehrenamtlichen Baumeisters für Köln zu schaffen. Luigi Snozzi hatte bereits zugesagt. Aber der Arbeitsaufwand war neben meinem Beruf dann doch zu groß. Also habe ich nach anderen Möglichkeiten gesucht, mich zu engagieren.
Und die haben Sie auch gefunden…
Ja, es kam dann eins zum anderen. Vor allem habe ich Menschen kennengelernt, die zwar ganz unterschiedlich waren, aber in puncto Engagement ähnlich dachten wie ich. Wir haben uns dann erstmal zu einer losen Gruppe zusammengeschlossen, um auszuloten, ob wir zusammenpassen und gemeinsam etwas auf die Beine stellen können.
Wer gehörte zu diesem Kreis?
Ursprünglich waren es 14 Personen. Das waren Friedensbewegte, sozial Engagierte, politisch Grüne und Rote, Journalisten und Kommunitaristen, ein Jurist, ein Hotelier, ein Installateur und natürlich ein Pfarrer – in Köln braucht man ja schließlich auch den kirchlichen Segen. Für mich war das sehr spannend und bereichernd, denn ich habe Menschen und Positionen kennengelernt, mit denen ich in meinem „normalen“ Umfeld vorher nie zu tun gehabt hatte. Ein Jahr lang haben wir uns einmal pro Woche getroffen, diskutiert und Konzepte erarbeitet. Meine Frau hat das damals kritisch gesehen. „Ihr seid eine reine Quasselbude, nun legt doch endlich mal los“, meinte sie. Aber das Jahr war wichtig, um die verschiedenen Vorstellungen unter einen Hut zu bringen. Bei unseren Treffen haben wir auch häufig und gerne gelacht.
Wie ging es dann mit der praktischen Arbeit los?
Erst mal ging es darum, uns bekannt zu machen. Wir haben Interviews in den lokalen Medien gegeben und uns prominente Unterstützer gesucht. Der damalige Oberbürgermeister Norbert Burger hatte die Schirmherrschaft übernommen, war aber skeptisch: „In zwei, drei Jahren seid ihr weg vom Fenster“, sagte er. Diese Erfahrung hatte er wohl mit vielen Organisationen gemacht, die engagiert an den Start gegangen waren, aber dann nicht durchgehalten haben. Tja, bei uns ist das anders gelaufen.
Sind Sie eigentlich gleich als „Kölner Freiwilligen Agentur“ an den Start gegangen?
Ja, aber die Namensfindung war eine schwere Geburt. Wir haben unter anderem Inserate aufgegeben und um Vorschläge gebeten. Da kamen sehr witzige Ideen zusammen: Himmel un Ääd, Loss jonn, Dunn jet, Köbes – Kölner Bürger engagieren sich – und sogar Pingpong. Darüber haben wir mehrere Tage gegrübelt und diskutiert. Irgendwann sagte dann unser Pfarrer: „Also, ich melde mich beim Telefondienst nicht mit Pingpong!“ Damit war der Vorschlag vom Tisch, und wir haben uns schließlich für den schlichten Namen entschieden, in dem auch gleich drinsteckt, was wir machen.
Wie sah das Angebot vor 25 Jahren aus?
Am Anfang haben wir uns ausschließlich auf die Vermittlung von Freiwilligen in ein passendes Ehrenamt in Köln konzentriert. Wer gesellschaftlich etwas machen wollte, kam zu uns, wurde ausführlich beraten und dann vermittelt. Das ist ja heute noch eine unserer Kerntätigkeiten. Sehr schnell haben wir auch angefangen, Jugendlichen einen Freiwilligendienst in Partnerstädten von Köln wie beispielsweise Barcelona, Istanbul oder Peking zu vermitteln. Im Laufe der Jahre haben wir unser Angebot dann immer weiter ausgebaut.
Wie konnten Sie das alles finanzieren?
Die Finanzierung war von Anfang an ein Problem und ist das über weite Teile unserer 25-jährigen Geschichte auch geblieben. Relativ schnell haben wir einen Sockelbetrag von der Stadt Köln bekommen; das war eine wichtige Starthilfe. Ansonsten waren kreative Ideen gefragt. Sehr erfolgreich war zum Beispiel unsere Aktion „Köbes“: Dabei haben wir Prominente dazu gebracht, einen Abend lang umsonst in Kölner Restaurants zu kellnern. Das hat natürlich viele Gäste angezogen – und wir haben 30 Prozent des Umsatzes bekommen. Gescheitert ist leider unsere Idee, mit einer Reibekuchenbude auf dem Neumarkt Geld für Projekte zu verdienen.
Als Organisation sind Sie Teil der Wohlfahrtsstrukturen in der Stadt. Wie konnten Sie sich da etablieren?
Ich würde sagen, da haben wir uns jeweils mit einem kleinen Paukenschlag eingeführt. Bei unserem ersten Treffen mit der Liga, einem Zusammenschluss der Kölner Wohlfahrtsverbände, haben wir den erfahrenen Vertretern der anderen Organisationen ganz selbstbewusst erklärt, was sie alles falsch machen. Im Rückblick ziemlich arrogant, aber zum Glück fanden die anderen es eher amüsant – und jeder kannte uns nach diesem Auftritt. Ähnlich lief es bei unserer ersten Teilnahme an einem bagfa-Treffen. Die bagfa ist der Dachverband der Freiwilligenagenturen in Deutschland. Da haben wir auf die Frage, wie viele Mitarbeitende wir denn hätten, mit 14 geantwortet. Alle staunten: Die Kölner sind gerade gestartet und schon die größte Freiwilligenagentur in Deutschland! Dass es um hauptamtliche Mitarbeiter ging, haben wir erst später verstanden. Denn wir waren in guter Kölscher Manier zu spät gekommen und hatten auch nicht genau hingehört. Nicht einen hauptamtlichen Mitarbeiter hatten wir!
Apropos Strukturen: Wie sehen die bei der Kölner Freiwilligen Agentur aus? Sind Sie zum Beispiel der Vorsitzende?
Um Gottes willen, nein, wir haben nie einen Vorsitzenden gehabt, sondern uns immer alle als gleichwertig betrachtet. Allerdings hatten und haben wir eine geheime Vorsitzende: unsere Geschäftsführerin Ulla Eberhard. Ohne sie wären wir nie so erfolgreich gewesen. Sie hat mit ihrem Engagement, ihrer Durchsetzungskraft, ihrer unglaublichen Arbeitsleistung und ihrem Einfühlungsvermögen maßgeblich dazu beigetragen, dass wir heute da sind, wo wir sind.
Wie blicken Sie nach 25 Jahren auf die Arbeit der Kölner Freiwilligen Agentur? Hat sie Köln besser gemacht?
Davon bin ich absolut überzeugt! Das zeigt schon ein Blick auf nur einige unserer Projekte. Mit DUO unterstützen wir Demenzerkrankte und deren Angehörige. Vor 25 Jahren standen diese Menschen noch sehr häufig allein. Die LeseWelten haben die Bildungschancen von Kindern in der Stadt erheblich verbessert. Das belegt unter anderem eine Studie, die wir zusammen mit der Universität Köln erarbeitet haben. Danach stiften eingesetzte 1.000 Euro im Laufe der Zeit einen gesellschaftlichen Nutzen von circa 10.000 Euro. Unsere Gesellschaft kommt ohne freiwillig Engagierte nicht mehr aus. Denken Sie allein an die Unterstützung und Integration von Geflüchteten. Die Kölner Freiwilligen Agentur und Freiwillige insgesamt und überall sind wichtig – und sie haben viel bewegt.